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    Verhalten gegenüber ausländischen Mitarbeiter/-innen wirkt über Arbeitsplatz hinaus

Seminar-Resümees

Integration beginnt am Arbeitsplatz

Verhalten gegenüber ausländischen Mitarbeiter/-innen wirkt über Arbeitsplatz hinaus

Die Auseinandersetzungen über Zuwanderung und Integration werden häufig durch Verwendung falscher Begriffszuschreibungen geführt. Grundvoraussetzung gelingender Integration sind allerdings übereinstimmende Problembeschreibungen und Definitionen. Betriebs- und Personalräte müssen wissen, was gemeint ist, wenn von Integration oder Toleranz gesprochen wird. Neben dem Problemaufriss werden im Haus Brannenburg konkrete Handlungsempfehlungen vermittelt, die zum einen Diskriminierung ausländischer Mitarbeiter/-innen verhindern helfen sollen. Zum anderen werden methodische Beispiele besprochen, wie am konkreten Arbeitsplatz Integration gelingen kann.

Das Seminar geht außerdem davon aus, dass Arbeitnehmer/innen weitere Rollen ausfüllen: Sie sind Eltern von Kindern, sie sind Mitglieder von Verbänden, sie sind Teil des kommunalen Gemeinwesens, … In diesen Funktionen sollen – so das Brannenburger Seminar – Bemühungen um Integration an eine erweiterte Öffentlichkeit über den Betrieb hinaus vermittelt werden.
Der Ansatz des Seminars ist darauf ausgerichtet, Integration nicht als eine Verordnung der staatlichen und/oder politischen Ebenen zu betrachten, sondern als Ergebnis konkreten Handelns, in diesem Fall am Arbeitsplatz. Die politischen Rahmenbedingungen sind parallel zu schaffen – letztlich sind die individuelle sowie die öffentliche Dimension von Integration nur zwei Aspekte eines Gegenstandes und nicht voneinander zu trennen.

Zielgruppe(n)/Referent(en): Bei dem jetzt zu Ende gegangenen Seminar im ver.di Bildungszentrum Haus Brannenburg handelt es sich um eine konzeptionelle Weiterführung des erfolgreichen „Multikulturalismus-Seminars“. In diesem ersten Teil werden grundlegende Themen dazu behandelt: Wertebildung und –Orientierung, Kultur als Prozess, Fremdenangst oder Menschenrechte.
Das Seminar Integration wurde jetzt als Pilot-Seminar für eine Verstetigung der Behandlung des Themas gestartet. Es ist als offenes Angebot für Betriebs- und Personalräte sowie interessierte ver.di-Mitglieder ausgeschrieben.

Als Referent für diesen Piloten wurde Reinhard Ruch gewonnen, der die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetztes von 2001 als Grundlage des Seminars sieht. Die Gesetzesnovelle fügt zum Aufgabenkatalog der Betriebsräte die Verhinderung von Diskriminierung bzw. Integration ausländischer Mitarbeiter/-innen hinzu.

Ablauf: Das fünftägige Seminar setzt an einer Klarstellung von Begrifflichkeiten an. Ausgehend von persönlichen Diskriminierungserfahrungen im Betrieb erarbeiten die Teilnehmer/-innen des Seminars in Kleingruppen Definitionen zu Begriffen wie „Diskriminierung“, „Toleranz“ oder „Integration“. Nur somit ist gesichert, dass sprachliche Unschärfen nicht zu inhaltlichen Missverständnissen führen. Der theoretische Unterbau des Seminars wird ausgebaut, in dem die Ebenen untersucht werden, die für Integration verantwortlich sind: Internationale, europäische und nationale Entscheidungen werden als Einflussfaktoren für die betriebliche Integration beschrieben.
Daran anknüpfend vergegenwärtigen sich die Teilnehmer/-innen des Seminars die Aufgaben der Betriebs- und Personräte bzw. deren Handlungsmöglichkeiten in Fragen der Verhinderung von Diskriminierung bzw. Integration ausländischer Mitarbeiter/-innen.
Den weitaus größten Teil des Seminars nimmt die Behandlung konkreter Einflussmöglichkeiten bzw. –rechte in der Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz ein. Konkret:
  • Integration auf die Tagesordnung setzen: Thematisierung und Abstimmung mit Betriebsleitung auf allen Ebenen (Abteilungs- und Betriebsversammlungen)

  • Widerspruch anmelden: Bei Einzelentscheidungen, die ausländerfeindlichen Hintergrund haben, muss der Betriebsrat verstärkt von seinem Vetorecht Gebrauch machen

  • Auseinandersetzung mit Mitarbeiter/-innen: Wenn offensichtlich betriebsstörendes Verhalten im Zusammenhang mit Diskriminierung vorliegt, kann eine Entfernung des Mitarbeiters erfolgen

  • Betriebsvereinbarung: Freiwilliger Abschluss zur Verhinderung von Diskriminierung und der Förderung von Integration

Schließlich behandelt das Seminar die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Organen der betrieblichen Interessenvertretung sowie die Hinzuziehung externer Berater oder Organisationen. Konkret soll eine Muster-Betriebsvereinbarung erarbeitet werden, die den Teilnehmenden die Möglichkeit gibt, eine auf die Besonderheiten ihres Betriebes abgestimmte Vereinbarung zu erarbeiten.

Reaktionen: Das ver.di Bildungszentrum Haus Brannenburg hat sich frühzeitig in die Debatte um die Integration ausländischer Mitarbeiter eingeschaltet und entsprechende Seminarangebote konzipiert. Es ist damit Vorreiter und der derzeit geführten Diskussionen voraus. Dass der Bedarf an fundierten theoretischen Erkenntnissen und praktischen Handlungsempfehlungen für die konkrete Arbeit vor Ort hoch ist, beweist die hohe Teilnehmerzahl an diesem jetzt durchgeführten Seminar. Außerdem ist die Breite des Teilnehmerkreises hinsichtlich gewerkschaftlichem Status bemerkenswert und für den Erfolg des Seminars förderlich:
„Das Seminar hat mir gezeigt, dass Betrieb und Gesellschaft nicht zu trennen sind. Wir alle sind einerseits Mitarbeiter/-innen – andererseits bestimmender Teil des Gemeinwesens. Die Anstrengungen werden sich in meiner konkreten Arbeit künftig auch darauf richten, das Thema Integration in kommunale Entscheidungen einfließen zu lassen. Dazu hat mir das Seminar wichtige Anregungen gegeben“.
„Betriebs- und Personalräte müssen das Thema auf die Tagesordnung im Betrieb setzen. Und Seminare wie dieses helfen mir, den Aufklärungs- und Weiterbildungsbedarf für Führungskräfte im Betrieb zu benennen, denn nur die wenigsten Leitungsmitglieder haben entsprechende Kenntnisse in Fragen von Integration. Dazu werden wir in unserem Betrieb künftig Angebote machen“.


Resümee/Ausblick: Das Pilotseminar „Integration“ kommt zur richtigen Zeit mit den richtigen Angeboten, um die politische Debatte zu versachlichen und den Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben fundierte Handlungsmöglichkeiten in Fällen von Diskriminierung zu geben bzw. sie in Fragen der Integration ausländischer Mitarbeiter/-innen zu unterstützen. Es nimmt einen öffentlich angezeigten Bedarf auf und bietet konzeptionelle und konkrete Hilfestellungen an, die Erkenntnisse in Betriebsvereinbarungen umsetzen zu können. Und es stellt dar, dass Integration ein Prozess ist, der auf vielen Ebenen in beiden Richtungen und parallel abläuft. Wenn diese Erkenntnis Raum greift, kann Integration als das angesehen werden, was sie ist: Das Zusammenwirken verschiedener Teile zu einem größeren, gemeinschaftlichen Ganzen.

Aus den Seminaren:
  • Integration


Weitere Informationen:
Haus Brannenburg
Pädagogische Leitung
Frau Marion Fendt
Fon: 0 80 34.90 51 40
Fax: 0 80 34.90 51 46
marion.fendt@verdi.de


(Marko Junghänel, 11.02.2005)