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    Gutes Betriebsklima kann Mobbing-Fälle präventiv verhindern

Seminar-Resümees

"Mobbing-Opfer sterben still"

Gutes Betriebsklima kann Mobbing-Fälle präventiv verhindern

Nicht alles, was als Mobbing oder Bossing bezeichnet wird, wird den Begriffen tatsächlich gerecht. Einmaliges, zufälliges und unreflektiertes Verletzen der Umgangsformen zwischen Mitarbeitern/-innen oder Vorgesetzten und Mitarbeiter/-innen ist nicht sofort als Mobbing/Bossing zu werten. Vielmehr sollen die Teilnehmer/-innen des Seminars erkennen, was sich exakt hinter diesem Begriffspaar verbirgt, welche Wirkmechanismen ausgelöst, welche Methoden beim Mobbing/Bossing eingesetzt werden und welche Handlungsstrategien es gibt, diesem Phänomen zu begegnen. Die Vorab-Klärung von Begrifflichkeiten erleichtert den Zugang zum Thema. Nur wer Gleiches mit dem Gesagten meint, kann adäquat reagieren.

Der Bedarf zur Durchführung von Seminaren und Fortbildungsangeboten wird regelmäßig aus den Betrieben rückgemeldet. Das Haus Brannenburg hat das Thema in sein Regelprogramm aufgenommen. Bei der Konzeption wurde besonderer Wert auf den Praxisbezug gelegt. Neben den theoretischen Grundkenntnissen der Zusammenhänge ist es wichtig, in den Betrieben Maßnahmen umsetzen zu können, die Mobbing/Bossing dauerhaft verhindern. Den Teilnehmern/-innen soll außerdem vermittelt werden, welche Folgen die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt für dieses Phänomen hat.
Das Seminar verfolgt keinen therapeutischen Ansatz, d.h. konkret von Mobbing/Bossing Betroffene wird keine psychologische oder anderweitige Hilfe zur Krisenbewältigung gegeben. Ein Verweis auf entsprechende Institutionen ist allerdings vorgesehen. Das Seminar will sensibilisieren, sich mit Mobbing/Bossing auseinander zu setzen.

Zielgruppe(n)/Referent(en): Zielgruppe sind Mitglieder von Betriebs- und Personalräten, die in ihrer Arbeit befähigt werden sollen, gemeinsam mit der Betriebsleitung dieser Erscheinung zu begegnen. Dazu soll die Fähigkeit vermittelt werden, Mobbing-/Bossing-Fälle zu erkennen und im geeigneten Maße reagieren zu können. Als Referenten wurden Christa Hasenmaile und Dolf Schießer gewonnen, die beide langjährige Seminarerfahrung in diesem Bereich vorweisen können. Beide arbeiten auch regelmäßig vor Ort in den Betrieben zu diesem Thema.

Ablauf: Mobbing/Bossing sind in der Praxis oft schwer zu erkennen bzw. von anderen Problemen im Betrieb zu unterschieden. Das Seminar beginnt mit einer Einführung in die rechtlichen Rahmenbedingungen, die das Mobbing/Bossing und als Form dieser die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sanktionieren. Im entsprechenden Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung ist klar gestellt, welche Aufgaben die Betriebsräte zu übernehmen haben.
Daran schließt sich die Vergegenwärtigung der Begriffe an: Nicht jeder, der reklamiert, Mobbing/Bossing ausgesetzt zu sein, ist tatsächlich ein Opfer. Die Erfahrungen belegen, dass Mobbing-/Bossing-Opfer oft nicht den Mut finden, offen und gegenüber Vertrauenspersonen über ihre Situation zu sprechen. Vielmehr wird es in dieser Situation Aufgabe der Betriebsräte sein, zu erkennen, ob ein Fall von Mobbing/Bossing vorliegt und wie darauf zu reagieren ist. Den Teilnehmern wird verdeutlicht, dass es sich dabei um eine systematische Verhaltensstrategie von Menschen (oder Menschgruppen) handelt, Kollegen/-innen auszugrenzen. Die Ursachen für die angestrebte Ausgrenzung sind unterschiedlich. Neid, Missgunst oder Kampf um den Arbeitsplatz können ebenso Motiv sein wie persönliche Antipathie, prinzipielle Gewaltbereitschaft oder persönliches Geltungsbedürfnis.
Erst nachdem den Teilnehmern/-innen des Seminars die Grundprinzipien des Mobbing/Bossing vermittelt wurden, werden Gegenstrategien erarbeitet und später z.B. in Rollenspielen eingeübt. Dabei geht der Seminaransatz von zwei Handlungsebenen aus: Bereits im Vorfeld, d.h. im regulären gewerkschaftlichen Handeln im Betrieb ist gemeinsam mit der Betriebsleitung darauf hinzuwirken, dass ein Klima entsteht, dass Mobbing/Bossing ausschließt. Diese präventiven Maßnahmen sind letztlich der eigentliche Erfolg – kommt es erst zu entsprechenden Fällen, sind Mitarbeiter/-innen oft bereits gesundheitlich durch die Folgen von Mobbing/Bossing geschädigt.
Im Interventionsfall – so lernen die Seminarteilnehmer/-innen – stehen den Betriebsräten konkrete Handlungsalternativen offen:

  • Gespräche mit Mobbing-/Bossing-Opfern und –Tätern

  • Herauslösung des Opfers aus der schädigenden Umgebung (z.B. durch Krankschreibung, um akut der Gefährdung zu entgehen)
  • Bildung von Netzwerken

  • Erarbeitung einer Betriebsvereinbarung


Das Seminar vermittelt den Teilnehmenden weitere Handlungsalternativen. So werden in Kleingruppen innerbetriebliche Informations- und Aufklärungskampagnen entwickelt, die die Mitarbeiter sensibilisieren sollen. Außerdem wird eingeübt, Netzwerke zu schaffen, um Täter und die sie umgebenden „Mittäter“ von ihrem Handeln abzubringen. Die Zusammenarbeit mit externen Beratern und Organisationen ist möglich.
Schließlich wird vermittelt, dass es sich bei diesem Thema um eine Art Gratwanderung zwischen permanentem Verdächtigungsklima und notwendiger Sensibilität handelt. „Wegschauen“ hilft ebenso wenig wie ständige, gegenseitige Schuldzuweisungen.

Resümee/Ausblick: Die rechtlichen Möglichkeiten, Mobbing/Bossing justitiabel zu machen, sind begrenzt. In der Rechtsprechung wird dieses Problem insofern seit 2001 berücksichtigt, als dass eine Kette als Mobbing/Bossing zu bewertender Ereignisse hinreichender Beweis ist, um gegen Täter vorzugehen. Diese Herangehensweise entspricht der Charakteristik von Mob-bing/Bossing: Es sind dauerhafte, systematische Anstrengungen, einzelne Mitarbeiter/-innen auszugrenzen. Ein sicherer Weg, Mobbing/Bossing auszuschließen, bleibt nach wie vor die Schaffung eines Klimas des Vertrauens im Betrieb, das es potenziellen Tätern erschwert, zu handeln. Den formalen Rahmen dazu können Betriebsvereinbarungen liefern. Auch dazu gibt das Seminar Hinweise und Unterstützung. Schließlich erhalten alle Teilnehmer/-innen des Brannenburger Seminars umfangreiche Materialien zur Verwendung in ihren Betrieben.
ver.di bietet darüber hinaus bundesweit telefonische und persönliche Mobbing-Beratung an. Dorthin können sich vor allem Opfer von Mob-bing/Bossing/sexueller Belästigung wenden, um therapeutische Hilfe zu erhalten.

Aus den Seminaren:
  • Mobbing, Bossing, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz



Weitere Informationen:
Haus Brannenburg
Pädagogische Leitung
Frau Marion Fendt
Fon: 0 80 34.90 51 40
Fax: 0 80 34.90 51 46
marion.fendt@verdi.de


(Marko Junghänel, 10.02.2005)