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Seminar-Resümee

Der Mensch als Produkt und Produzent

Miriam und Werner - Teilnehmende des Seminars
Aus dem Seminar: „Ich bin der Größte“ (17.07. -22.07.2005)
Der Mensch als Produkt und Produzent
Psychologische Kenntnisse zur Problemlösung in Arbeitswelt und Gesellschaft

Die Situation ist bekannt: Im Vorstand wird endlos diskutiert, obwohl man sich in der Sache einig ist. Woran liegt’s? Warum kommt man trotz übereinstimmender inhaltlicher Positionen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis? Die Antwort liegt auf der Beziehungsebene. Das Brannenburger Seminar „Ich bin der Größte“ hat sich zum Klassiker und Dauerbrenner entwickelt. Die beiden Referenten, Dolf Schiesser und Eberhard Kremer vermitteln den Teilnehmenden ein Verständnis davon, dass persönliche Einstellungen, Motive und Verhaltensweisen sowohl Produkte der ihn umgebenden Umwelt sind – der Mensch andererseits aber auch selbst zur Formung dieser Umwelt beiträgt.

Bitte keine „Psycho-Tricks“!
Ganz praktisch vermittelt das Seminar: Jeder Mensch ist Produkt – aber auch Produzent seiner Umgebung. Es ist also verkürzt, nur „auf Gott und die Welt zu schimpfen“, weil die so schlecht seien und man selbst immer Opfer ist. Als Teil dieser Welt sind Menschen verantwortlich für deren Gestaltung. Treten also beispielsweise Reibungsverluste in der Kommunikation mit anderen Menschen auf, finden Gremienmitglieder keinen gemeinsamen Nenner, dürfen nicht nur „die anderen“ für das Scheitern zur Verantwortung gezogen werden. Vielmehr ist zu fragen: Wie kann Verständigung trotzdem gelingen, welchen Beitrag kann ich selbst leisten?

Eberhard Kremer: „Wir zeigen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, welche Motive hinter bestimmten Verhaltensweisen stecken können. Zeigen, dass sich jeder Mensch immer im Spannungsverhältnis zwischen Opfer und Täter, Betroffener und Akteur befindet. Allein die Kenntnis diese Tatsache kann Spannungen auflösen und Konflikte entschärfen.“ Explizit keine Antworten will das Seminar hingegen auf Nachfragen geben, welche (psychologischen) Tricks man anwenden müsse, um seine Ziele zu erreichen. Das Konzept ist auch nicht auf einen therapeutischen Ansatz ausgerichtet – etwa zur Bewältigung persönlicher Lebenslagen der Teilnehmenden.

Menschenkenntnis heißt Menschen kennen lernen
Dass das Seminar nach 12 Jahren immer noch nachgefragt wird (und das mit steigender Intensität), liegt u.a. auch an den sich rasant verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren dramatisch gewandelt: Mitarbeiter/-innen wurden plötzlich zu teilautonomen Führungskräften, sicher geglaubte berufliche Perspektiven brechen zusammen und der Begriff Solidarität wird zunehmend entleert.
Dolf Schiesser: „Menschen haben Angst vor der Zukunft. Zum Teil sind diese Ängste real – viel davon ist aber nur psychologisch zu erklären. Unser Seminar will aufklären, dass Verunsicherung, Angst und Scheitern zunächst zwar psychologischen Mechanismen unterliegen, wir aber einen größeren Rahmen um unser Dasein ziehen müssen.“ Menschen – so das Lernziel des Seminars – sind vielen gesellschaftlichen Realitäten ausgesetzt und müssen die Komplexität der Welt begreifen lernen. Dabei helfen esoterische Ansätze ebenso wenig wie der Rückzug auf reine Machtpolitik.
Die fortschreitende Individualisierung aller Lebensbereiche lässt immer mehr verunsicherte Menschen zurück. Bezüge zum Gemeinwesen und zur Sozialpsychologie gehen verloren. Streng genommen leistet das Brannenburger Seminar in diesem Verständnis Rückbesinnungs-Arbeit und gibt Anregungen zum „besseren Umgang“ mit anderen Menschen. Schiesser: „Wenn es uns gelingt, die Teilnehmenden zu befähigen, ihre Eigenverantwortung im beruflichen und privaten Leben zu erkennen, zu lernen, dass es keine monokausalen Zusammenhänge gibt, war das Seminar erfolgreich. Wir wollen, dass die psychologischen Grundkenntnisse dafür eingesetzt werden, Bezüge zwischen gesellschaftlicher, betrieblicher und persönlicher Realität herzustellen.“

Was nehme ich aus dem Seminar mit?
Werner: Ich denke zwar schon, dass ich über gute Menschenkenntnis verfüge. Hier im Seminar habe ich aber gelernt menschliche Verhaltensweisen bestimmten Typengruppen zuzuordnen. Wenn man um diese psychologischen Grundmuster weiß, wird es tatsächlich leichter, Kommunikation konfliktfreier zu gestalten.
Miriam: Wenn ich als Betriebsrat künftig in Gespräche oder Verhandlungen gehe, werde ich mich besser auf mein Gegenüber vorbereiten können. Das Angebot des Hauses Brannenburg ist wichtig in unserer Zeit, wenn ich nur an den ständigen Druck denke, den die Sorge um den Arbeitsplatz auslöst. Das macht psychologisch etwas mit den Menschen und das Seminar hilft, Kommunikation und damit Kooperation von diesem Konfliktpotenzial zu befreien. Ich bin auf das Aufbauseminar gespannt, für das ich mich schon angemeldet habe.

Weitere Informationen:
Haus Brannenburg
Pädagogische Leitung
Frau Marion Fendt
Fon: 0 80 34.9 05 - 1 40
Fax: 0 80 34.9 05 - 1 46
marion.fendt@verdi.de


(Marko Junghänel, 16.08.2005)