12.10.-18.10.2025 | Seminar Nord 002/25
Manchester – vom Manchesterkapitalismus zum modernen Wirtschaftszentrum
Nord 002/25 Verfügbar
Durch zwei Dinge ist Manchester heute bekannt: „Manchester City“, der erfolgreiche Fußballverein und dem Begriff „Manchesterkapitalismus“. In diesem Bildungsurlaub wollen wir uns mit der Geschichte, dem Strukturwandel und der Gegenwart der Stadt befassen.
Die industrielle Revolution, die Manchester zu einem der wichtigsten industriellen Zentren der Welt mit Schwer- und Textilindustrie gemacht hat, wurde nicht zuletzt durch die in der Nähe gelegenen Kohlegruben möglich. Den Preis für den Erfolg der Industrie haben die verarmten Arbeitnehmer*innen getragen. Friedrich Engels, der über 20 Jahre in Manchester lebte, beschrieb die in seinem 1845 veröffentlichten Buch „Über die Lage der Arbeiterklasse“ auf Basis eigener Anschauungen und Recherchen. Zahlreiche Spuren sind in der Stadt zu entdecken und zugleich die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung.
Der Transformationsprozess in Verbindung mit der Deindustrialisierung und Dekarbonisierung wurde politisch von Margret Thatcher vorangetrieben. Ein jahrelanger Streik von 1984 bis 1988 gegen die Schließung der Minen blieben erfolglos., die Minenarbeiter wurden arbeitslos und die Gewerkschaften gingen geschwächt aus diesem Kampf hervor. Von den Folgen haben sich die Gewerkschaften bis heute nicht erholt. Zugleich wurden Arbeitsplätze in der Stahlindustrie und im Schiffbau abgebaut. Die Automobilindustrie verlor an Bedeutung und letztendlich führte all dies zu einer radikalen Umgestaltung des Arbeitsmarkts. Der tiefgreifende Strukturwandel in der Wirtschafts- und Sozialstruktur hat dazu beigetragen, dass heute im Dienstleistungssektor die meisten Arbeitnehmer*innen beschäftigt sind und ein neuer prekärer Teil-Arbeitsmarkt entstanden ist, die Gig-Economy (gig – für einen Auftritt), bei dem kleine Aufträge kurzfristig online mittels App, meist zu Mindestlöhnen vergeben werden. Die Gewerkschaften versuchen nun mit sozialen Medien diese Zielgruppe zu erreichen und neue Lösungen für diese Beschäftigten zu finden und zugleich an die Gewerkschaften zu binden.
Manchester steht auch für eine starke Frauenbewegung ausgehend von den Sufragetten, wie Emmeline Pankurst, die sich mit Hilfe radikaleren Methoden u.a. für das Frauenwahlrecht einsetzte. Manchester erinnert an die Sufragetten im „The Pankurst Centre“, einer Frauenbibliothek und einem Bildungszentrum. Heute ist offizielles Ziel der Labour Partei, dass 50% ihrer Abgeordneten weiblich sein sollen. Das Ergebnis der nächsten Wahlen in Großbrittanien wird zeigen, ob die Versprechungen eingehalten werden.
Auch Manchester muss sich mit den aktuellen Herausforderungen, die der Klimawandel verursacht, auseinandersetzen. Ein gutes Beispiel hierfür ist, das bislang weltweit einmalige Konzept des Carbon Literacy Trust, die mit ihren Weiterbildungsmaßnahmen Bürger*innen Wissen und Handlungskompetenzen vermitteln, um einen persönlichen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten zu können.
Im Rahmen des Bildungsurlaubs wollen wir u.a. mit Gewerkschaftsvertreter*innen, Abgeordneten vom Rat der Stadt (mehrheitlich Labour Partei), Abgeordneten, die Manchester in Westminster vertreten, über die aktuelle Situation der Arbeitnehmer*innen diskutieren. Migrationspolitik (Abschiebungen nach Ruanda), Herausforderungen, die sich aus dem Klimawandel und den Folgen des Brexits ergeben, werden die Woche ebenfalls Thema sein.